Haushaltsreden der Fraktion Grüne zum Haushalt 2023 der Stadt Rheinfelden

Fraktion GRÜNE im Gemeinderat Rheinfelden

Haushaltsrede zum HH 2023

Es gilt das gesprochene Wort

                                                                                                          15.12.22

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wer hätte das gedacht: die nächste Krise kommt bestimmt.

Bei der Erstellung der Haushaltsrede 2022 hatten wir noch gedacht, Corona, wenn auch nicht überstanden zu haben, so doch beherrschbar zu bekommen.

Dieses Jahr haben wir haushaltstechnisch zusätzlich mit den Folgen des Ukraine-Krieges und den dadurch exponentiell gestiegenen Energiekosten zu kämpfen. Und es gilt eine neue Flüchtlingswelle zu bewältigen mit allen auch finanziellen Folgen. Diesmal kommen Menschen zu uns, die so schnell wie möglich wieder in ihre Heimat zurückmöchten. Eine Voraussetzung, die eine gelungene Integration schwierig macht.

Hier ein Dankeschön an das Integrationsmanagement.

Das Ziel dieses Jahr heißt für die Fraktion GRÜNE, nicht zu verharren oder zu stagnieren, sondern uns den Erfordernissen dieser Zeit zu stellen, um den Bürger*Innen Rheinfeldens einigermaßen stabile Verhältnisse zu gestalten.

Die Maxime der Fraktion GRÜNE:

Keine halben Sachen machen, dafür Zeit geben, gründlich und zukunftsorientiert zu planen und zu handeln.

Aus diesem Grund können wir einem Negativergebnis von über 6 Millionen € für die Aufstellung des Haushalts 2023 zustimmen.

Es heißt also wieder mit Zahlen und Einnahmen zu jonglieren.

Probleme, die uns nicht nur dieses Jahr begleiten und sich langfristig auf den Haushalt auswirken:

– Herausfordernd ist der Fachkräftemangel in allen Bereichen, den man inzwischen überall kennt und der sich für Rheinfelden durch die Nähe zur Schweiz noch verschärft. Das betrifft insbesondere die Bereiche Pflege, Personal in den KITAs und Gesundheit. Deshalb ist die Stadt aufgefordert, Ausbildungsinitiativen zu starten und Quereinsteiger in KITAs einzusetzen, um weitere Ausfälle in der Betreuung zu vermeiden.

– Themen der Daseinsvorsorge, wie die ärztliche und fachärztliche Versorgung unserer Bürger*Innen werden aufgrund des demografischen Wandels immer dringender.

-Bildung und Betreuung der Kinder in KITAs und Schule sollten im Haushalt der Stadt Rheinfelden Priorität haben mit dem Ausbau von Ganztags-Betreuungsplätzen, Erweiterung und Neubau von KITAs, Schaffung weiterer Naturkindergärten und Spielgruppen, um dem Bedarf gerecht zu werden.

Die Leistungen der Stadt für die KITA-Betreuung beträgt 2023 ca. 8,5 Millionen. Die Elternbeiträge sind sozial gestaffelt und orientieren sich am Einkommen der Eltern sowie einer Staffelung nach Anzahl der Kinder.

-Die dringende Erweiterung der Hebelschule Nollingen sowie die energetische Sanierung der Schulgebäude und der Sporthallen haben wir uns nach einer Prioritätenliste auch dieses Jahr auf unsere Fahnen geschrieben. Dabei fordern uns die Ausgaben für den Brandschutz.

Zur Förderung unserer Schüler*Innen gehört der weitere Ausbau der Schulsozialarbeit und eine qualifizierte Nachmittagsbetreuung in den Schulen, qualifiziert über die Arbeit des neuen Campuskoordinators.

In den Bereichen Betreuung und Bildung ist auch der Löwenanteil unserer Haushaltsmittel zukunftsfähig eingestellt.

Augen zu und durch gilt bei vielen begonnenen Projekten, die inzwischen durch Verteuerung der Kosten für Energie, Lieferproblemen usw. ungleich teurer werden, als wir es uns als Stadträte vorgestellt haben. Viel Gestaltungsspielraum haben wir nicht mehr.

Das müssen wir auch in Bezug auf die Skateranlage bedenken. Wir sollten jedoch keine halben Sachen machen, sondern eine Modul-Anlage erstellen, die Bestand hat, wenn vielleicht auch nicht für die diesjährige Generation von Jugendlichen. In 2-3 Jahren werden sich Jugendliche über eine gelungene Skateranlage freuen. Eingeplant sind 50.000 € für Planung und weitere 490.000 mit Sperrvermerk und zur Entscheidung des Gemeinderates nach Vorliegen einer entsprechenden Planung.

Aber wo sollen wir insgesamt kürzen? Das haben wir bereits in vielen Punkten in der Vergangenheit getan. Standards herunterfahren, die Komfortzone verlassen? Damit wir allen was erhalten können, nur eine Nummer kleiner, haben wir als Gemeinderat uns schon bewegt. Das bedeutet auch, dass wir in Bezug auf neue Einrichtungen in Richtung Klima, Energieverbrauch und Standards zukunftsfähig planen.

Aus Sicht der Fraktion GRÜNE ist unser Haushalt mal wieder auf Grundbedürfnisse zurückgeworfen worden und wir müssen die Geschäfte auf einer anderen finanziellen Basis weiterführen als noch vor Corona und Ukraine-Krieg geplant.

Es gibt vieles, was wichtig ist für das Zusammenleben in einer Stadt. Was wir uns nicht nehmen lassen, sind die

-Finanzielle Förderung und Unterstützung von Kultur, Städtepartnerschaften, Musikschule, VHS, Familienzentrum u.v.m. in Millionenhöhe.

-Beteiligung bzw. finanzielle Unterstützung der Tagespflege, Sozialstation und nach der Neuaufstellung der Seniorenarbeit mit zwei neuen Stellen für eine präventive Arbeit zur Unterstützung der älteren Menschen dieser Stadt mit entsprechendem Bedarf.

Weitere finanzielle Förderung der Projekte der Engagierten Stadt und des Quartiersmanagements zur Förderung des multikulturellen und friedlichen Zusammenlebens in unserer Stadt.

Da wir finanziell nicht in der Lage sind, das alles zu stemmen, sind alle Ämter gehalten, Förderungen und finanzielle Projektbeteiligungen zu generieren.                                                          Wäre hier die Etablierung einer Stelle für Beantragung von Förderungen sinnvoll?

Was kostet (fast) „nix“, ist aber wichtig für die Daseinsvorsorge einer Stadt?

Was wir als Stadtgemeinschaft leisten können, haben wir dieses Jahr gesehen mit den vielen gelungenen Veranstaltungen zur 100 Jahr-Feier unserer Stadt.

Wir brauchen Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und damit Menschen, die die Stadtgesellschaft beflügeln und mitbestimmen, Engagement in Vereinen und Organisationen, Menschen, die wertvolle Arbeit leisten, zum Wohle der Mitbürger.

Im Rahmen einer Beteiligungskultur ist die Bevölkerung mit einzubeziehen in wichtige Entscheidungen. Die Kultur der Installierung von „Zufallsbürger*Innen“ hat sich als gewinnbringend erwiesen. Das sieht man zurzeit in der Arbeit des Klimabeirates.

Wobei man die gesamte Stadtbevölkerung mitnehmen muss und damit vielleicht eine bessere Akzeptanz der Entscheidungen bzgl. der Aufstellung des Haushalts und Verteilung der Mittel erreicht.

Die Jugendarbeit in Rheinfelden wird und muss neu aufgestellt werden. Das sehen wir als eine vordringliche Aufgabe im Dezernat 50 für nächstes Jahr.                                                                Unser Jugendhaus muss belebt werden, allen jungen Menschen offenstehen und für sie interessante und vielfältige Angebote bereitstellen.

Wir als Fraktion GRÜNE wollen mit einer Neuauflage des Jugendparlaments der Jugend ein politisches Spielfeld geben zu lernen, wie Demokratie, Beteiligung, Planung und HH-Planung in einer Kommune funktioniert.

Für den Bereich ÖPNV erhoffen wir uns eine Optimierung durch eine bessere und vernünftige Koordination der Verbindungen und die Möglichkeit am Abend mit dem Bus heimzukommen, um weiteren Menschen den Umstieg zu erleichtern.

Eine nach Corona veränderte Arbeitswelt muss sich neu aufstellen und auch in Rheinfelden mit den Themen Homeoffice und Digitalisierung in der Verwaltung auseinandersetzen. Rheinfeldens Verwaltung stellt sich neu auf. Auch hier zeigen sich Folgen des Personalmangels, dem mit der Schaffung von Beschäftigungsanreizen im öffentlichen Dienst entgegengewirkt werden soll.

M.D.u.H.

In der Klimaklausur des Kreistags, die vor Kurzem stattgefunden hat, sagte der Klimaspezialist Herr Münster, der Landkreis Lörrach müsse pro Jahr drei Photovoltaik-Freiflächenanlagen von der Größe der Hertener Anlage bauen, um allein in diesem Energiebereich die Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 zu erreichen. Allein diese Zielvorgabe zeigt, wie hart wir an der Grenze des überhaupt technisch und finanziell Machbaren operieren müssen. In den jährlichen Klimakonferenzen sind bisher lediglich leere Versprechen auf geduldiges Vertragspapier geschrieben worden. Dieses Jahr hat es in Ägypten sogar zum ersten Mal eine Nullnummer gegeben. Klimaforscher malen daher schon ein düsteres Szenario für das Jahr 2050, denn dann sind die ersten Kipp-Punkte zu erwarten (nicht mehr rückgängig zu machende, global wirkende Ereignisse). Heute noch nicht vorstellbare gesellschaftliche Zusammenbrüche vor allem im sozialen Bereich sind vorausgesagt worden.

Wir wissen, Klimaschutz ist kein „Luxusproblem“, sondern existenziell.

 Nein, wir dürfen das Soziale und den Klimaschutz niemals gegeneinander ausspielen!

Ist Rheinfelden auf dem richtigen Weg? Ich erinnere an das Jahr 2019, als zunächst GRÜNE und SPD ein grundsätzliches Klimapaket eingebracht hatten, dem sich die CDU mit eigenen Ideen anschloss. Dieser gemeinsame Antrag führte zu einem einstimmig gefassten Gemeinderatsbeschluss. Aber der Prozess kam bald ins Stocken. Im Juli 2020 wurde von Frau Ripka dem Gemeinderat ein Gesamtkonzept vorgestellt, in dem der Stadtentwicklungsprozess mit dem Namen „Wir in Rheinfelden 2033+“ verknüpft wurde mit dem Masterplan Klimaschutz. Dies war ein ambitioniertes, vielversprechendes Vorhaben, das auch die Ortsteile umfassen sollte. Die Vorgehensweise wurde vom Gemeinderat begrüßt und unterstützt. Nach Einrichtung einer Lenkungsgruppe geschah aber nichts mehr, denn Frau Ripka verließ Rheinfelden, die Pandemie brach über uns herein und die Wiederbesetzung der Stelle der Klimabeauftragten wurde um Jahre verschoben. Erst mit der Wiederbesetzung Anfang dieses Jahres durch Frau Lerch und ihre engagierten Aktivitäten sowie die Rückehr von Frau Ripka ist der Prozess wieder in Gang gekommen. Der Masterplan wird fortgesetzt und ein Klimabeirat wurde ins Leben gerufen. Leider werden seine ersten Vorschläge erst im nächsten Jahr bis zum Gemeinderat vordringen. Wir machen den Vorschlag, die Verknüpfung mit dem Stadtentwicklungsprozess wieder ins Leben zu rufen und werden dies in einen Antrag fassen. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang das im Juli vorgestellte Entwicklungskonzept mit dem Ziel der Aufwertung der Bereiche Oberrheinplatz, Elsa-Brändströmstr. und Güterstr. sowie der Umgestaltung des Bahnhofplatzes zu einer modernen, zugänglichen Mobilitätsdrehscheibe. Zusammen mit dem von uns seit Jahrzehnten geforderten Umbau der Kapuzinerstr. zu einer verkehrsberuhigten Zone deutet sich ein Paradigmenwechsel im Denken der Stadtverwaltung an. Nicht mehr das Auto soll die künftige Stadtentwicklung bestimmen, sondern die qualitative Aufwertung des öffentlichen Raums insbesondere für Fußgänger und Radfahrer steht im Vordergrund der Rahmenplanung. Hinzu kommt die vom Gemeinderat im September beschlossene klimagerechte Bauleitplanung in Rheinfelden. Dies ist ein Prüfschema für klimagerechte Bebauungspläne bzw. eine Liste klimarelevanter Festsetzungen, die in den Prozessverlauf eines Bebauungsplanverfahrens integriert werden sollen, um frühzeitig das Thema Klimaschutz zu berücksichtigen. Dies betrifft auch die bereits im Verfahren befindlichen Pläne.

Beim Ausbau des Nahwärmenetzes haben wir nicht nur im Landkreis eine Vorreiterfunktion. Die Akzeptanz durch die Bevölkerung liegt mittlerweile bei fast 100% und wir werden im nächsten Jahr auch das Schwimmbad versorgen können. Beim Schwimmbad haben wir, nach langen vergeblichen Planungen, mit dem sogenannten Cabriodach über dem Inselibecken endlich eine praktikable Lösung gefunden, welche das marode Hallenbad ablösen kann und keine Probleme hinsichtlich des Grundwasserschutzes mit sich bringen wird. Aber immerhin schlagen die Kosten mit derzeit geschätzten 11 Mio. € zu Buche, bei einer voraussichtlichen Förderung von 45%.

M.D.u.H.,

zur Zeit tagt die UN-Weltnaturschutzkonferenz. In Montreal versuchen Delegierte aus fast 200 Ländern zu einer Vereinbarung zu kommen, die das Artensterben bis 2050 wirksam bekämpft. Natur- und Klimaschutz dürfen nicht mehr getrennt voneinander gesehen werden – diese Überzeugung setzt sich immer mehr durch. „Klimaschutz und der Schutz von Biodiversität sind zwei Seiten derselben Münze“. 

Unsere Fraktion hat im Jahr 2019 einen Antrag gegen das Artensterben eingebracht, der vom Gemeinderat fast einstimmig angenommen wurde. Auf dieser Grundlage wurde mit dem Biodiversitätscheck und der Schaffung eines lokalen Biotopverbundes das wohl modernste Instrument im Naturschutz zur Anwendung gebracht, welches derzeit zur Verfügung steht. Dafür haben wir im Haushalt 130.000 € bereitgestellt und erhalten einen Landeszuschuss von 90%, weshalb wir effektiv nur mit 13.000 € belastet werden. Diese extrem hohe Förderung beweist, welchen Stellenwert das Land dem Biotopverbund beimisst. Am Hochrhein nehmen wir damit eine Vorreiterrolle ein.

M.D.u.H.,

auch in Rheinfelden muss der Klimaschutz zum strategischen Eckpunkt unseres Handelns werden. Dies muss sich baldmöglichst in der Formulierung von verbindlichen Leistungszielen niederschlagen, wie sie schon für das Jahr 2022 vorgesehen waren.

Wir schließen uns den Dankensworten unserer Vorredner*innen an die Mitglieder der Verwaltung gerne an.

Wir stimmen dem Haushalt 2023 zu.

Wir stimmen dem Wirtschaftsplan 2023 des Bürgerheims zu. Das Thema Bürgerheim insgesamt greifen wir hier nicht explizit auf.

Des Weiteren stimmt die Fraktion GRÜNE den Wirtschaftsplänen 2023 des Eigenbetriebs Stadtwerke mit den Betriebszweigen Wasser- und Wärmeversorgung sowie der Abwasserbeseitigung zu.

(Für die Fraktion GRÜNE: Heiner Lohmann

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